Im Jahre 1877 wirbt diese Anzeige für das Hotel „Goldener Hirsch“, Nöschenrode 82 (heute Nöschenröder Straße 4). Unter der Rubrik „Gasthöfe“ im Adressbuch des gleichen Jahres wird als Adresse des Hotels nur als „Verlängerung Burgstraße“ angegeben.
Bereits 1507 wird hier eine gräfliche Schenke Namens „Taferne“ erwähnt. Der alte Fachwerkbau soll des Öfteren zerstört und erneuert worden sein. Am schwersten wurde die Schenke beim großen Wernigeröder Stadtbrand von 1528 getroffen. Im 30-jährigen Krieg (1618 – 1648) diente sie wiederholt als Quartier für Reiter und Kompanien der Schweden, der Kaiserlichen oder auch der Kroaten.
So wie das Haus etwa noch heute zu sehen ist, wurde es kurz vor 1800 als gräfliche Schenke „Zum Schwarzer Hirsch“, Nöschenrode 82, errichtet. Es verfügte über die damals beachtliche Anzahl von 26 Zimmern, davon 12 beheizbar, und 14 Kammern. Weiterhin über ein Restaurant mit großem Saal, Billardzimmer, Kegelbahn, Stallungen und Garten. Der Saal diente Tanzveranstaltungen, Vergnügungs- und Vereinsfeiern und Maskenbällen ebenso wie auch Veranstaltungen höherer künstlerischer Ansprüche. Die verschiedenen Gastwirte dieser Schenke kamen aus gräflichem Dienst. So war der vermutlich erste Pächter Karl Hildebrand, der allerdings 1811 die Pacht aufgab. Der letzte Pächter Karl August Emanuel, vorher Haushofmeister auf dem Schloß, verstirbt 1848. Danach, 1849, verkauft die gräfliche Regierung den Gasthof an Heiner Julius Rischbieter. Der neue Besitzer ändert den Namen in „Hotel Goldener Hirsch“. In den nun folgenden 46 Jahren wechseln sich sechs verschiedene Besitzer des Hotels ab, unter ihnen, wie in der Anzeige angeführt, Ernst Friedrich Wilhelm Seyler. Im Jahre 1876 vernichtet ein Brand den Saal des Hotels, welcher aber im folgenden Jahr wieder neu eingerichtet zur Verfügung steht. Nachdem 1884 die Hausnummern in Wernigerode, den jeweiligen Straßen zugeordnet, vergeben wurden, ändert sich die Adresse des Hotels in Langestraße 82 und wiederum 1890 in Kaiserstraße 4.
1895 übernimmt Hermann Zimmermann das Hotel und ändert den Namen in „Hotel Zimmermann“. Allerdings bleibt es nur drei Jahre unter diesem Namen in seinem Besitz. Der nachfolgende Besitzer, Fleischermeister Wilhelm Nehrkorn, 1898 bis 1910, nimmt den alten, prunkvolleren Namen „Goldener Hirsch“ wieder auf. Im Volksmund erhält das Hotel im Besitz dieses Fleischermeisters den Spitznamen „Die Fettklinke“. Als Besitzer folgen ihm Adolf Kahle, 1911 bis 1912, und Fritz Schökel, 1913 bis 1918.
1918 ändert sich nochmals der Name, aber auch wiederum nur für drei Jahre. Denn der aus dem Krieg heimgekehrte Willy Müller kauft das Hotel und nennt es bis 1921, wohl aus Freude darüber, wieder in der Heimat zu sein, „Zur Wiederkehr“. Danach kehrt, unter dem Besitz von Bernhard Tacke, noch ein letztes Mal der alte Name zurück. 1923 endet die Geschichte als Hotel.
Der Missionsbund „Licht im Osten“ übernimmt das Haus. Unter anderem wurde hier 1929 eine Kinderbewahranstalt (Kindergarten) eingerichtet. Ab 1932 geht das Haus dann, bis in die heutige Zeit, in den Besitz des Diakonissenmutterhauses „Neuvandsburg“ in Elbingerode über. Der Kindergarten, zeitweise auch Kinderkrippe und Säuglingsstation, bleibt bis 1994 geöffnet. Von 1932 bis 1946 wird eine Haushalts- und Erwerbslosenschule und von 1936 bis 1946 noch eine Kinderpflegerinnenschule eingerichtet. 1945 bis 1977 dient das Haus dann als Töchterheim und Haushaltsschule und schließlich ab 1977 bis heute als Schwestern-Feierabendheim.